Corona-Forum Zivilgesellschaft

Zivilgesellschaft ist in Krisen systemrelevant

Corona-Forum Zivilgesellschaft übergibt Ergebnisse an Staatsrätin Barbara Bosch

Stuttgart, 1. Februar 2022: Das Corona-Forum Zivilgesellschaft hat seinen Abschlussbericht zum Thema „Krisen gemeinsam gestalten“ an die Landesregierung Baden-Württemberg übergeben. Darin bündelt es Hinweise, wie Krisen in Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft bewältigt werden können. Als Grundlage für die Ergebnisse dienten die Erfahrungen, die zivilgesellschaftliche Akteure in Baden-Württemberg in der Corona-Pandemie gesammelt haben. Dazu hat die Allianz für Beteiligung das Corona-Forum Zivilgesellschaft bestehend aus Vereinen, Verbänden und Stiftungen initiiert und seit Dezember 2020 monatlich durchgeführt. Das Forum ist Teil der Strategie der Landesregierung Baden-Württemberg zur Bewältigung der Corona-Pandemie.

Zivilgesellschaftliches Engagement hilft Menschen durch die Krise

Zentrales Ergebnis des Papiers ist: Die Zivilgesellschaft hat in der Corona-Pandemie entscheidend dazu beigetragen, gesellschaftliches Leben und soziales Miteinander aufrecht zu erhalten. So kümmerte sich zum Beispiel Nachbarschaftshilfe um Einkaufsservice, Vereine organisierten digitale Aktivitäten, Verbände übernahmen soziale Fürsorge, „Blaulichtorganisationen“ Krisen-Vorsorge, und vieles mehr. So hat die aktuelle Krise gezeigt, dass Zivilgesellschaft kurzfristig dazu in der Lage ist, weitreichende Unterstützung zu bieten und dafür Ressourcen vor Ort zu mobilisieren. Dies trägt entscheidend dazu bei, den gesellschaftlichen Alltag in Krisen aufrechtzuerhalten. Um sich für kommende Krisen zu rüsten und diese zu bestehen, sollte Zivilgesellschaft deshalb als systemrelevant gelten und entsprechend in die präventive sowie akute politische Gestaltung von Krisen einbezogen werden.

Barbara Bosch, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, nahm die Ergebnisse des Forums für die Landesregierung Baden-Württemberg entgegen und besprach sie digital mit den Teilnehmer*innen. Sie würdige das Engagement des Forums: „In solchen Krisen ist unsere ganze soziale Kreativität und der Erfindungsreichtum der Zivilgesellschaft gefragt, mit der wir wieder aus der Defensive herauskommen können“, so die Staatsrätin.

Zivilgesellschaft als Ressource nutzen

Die Allianz für Beteiligung erachtet die Leistung des zivilgesellschaftlichen Engagements in Baden-Württemberg im Rahmen der Corona-Pandemie als sehr weitreichend und bewertet sie überaus positiv: „Die Motivation der Menschen ist hoch, sich gegenseitig zu unterstützen und in der Krise vor Ort etwas beizutragen“, so Miriam Freudenberger, Geschäftsführerin der Allianz für Beteiligung. So seien viele Maßnahmen der lokalen Krisen-Vorsorge, Fürsorge und Kommunikation auf bürgerschaftliche Gruppen, Vereine oder Verbände zurückzuführen.

Damit dies auch so bleibt und für alle noch zielgerichteter funktionieren kann, seien vor allem zwei Dinge wichtig: „Land und Kommunen müssen die lokalen Alltagserfahrungen der Bürgerschaft bei der Planung ihrer Maßnahmen einbeziehen und dafür eng mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten. Und: Der Staat muss zivilgesellschaftliches Engagement und solidarische Selbstorganisation als grundsätzliches gesellschaftliches Gut stärken und in der Krise als Ressource noch umfassender nutzen“, so Freudenberger abschließend.

Praktische Beispiele

Praktische Beispiele, in welchen Bereichen die Hinweise des Gremiums bereits umgesetzt werden, hat der Bericht ebenfalls gesammelt. Diese sollen auch als Anregung dazu dienen, wie man sich für mögliche kommende Krisen rüsten kann. So haben sich beispielsweise in Ulm und Neu-Ulm Vertreter*innen der Seniorenarbeit mit beiden Stadtverwaltungen zu einem lokalem Corona-Forum zusammengefunden, um gemeinsam Ansätze für eine krisenfestere, resilientere Stadtgesellschaft zu entwickeln. Die Metropolregion Rhein-Neckar schaffte mit einer Lernbox, einem innovativen Kooperationsprojekt mit Wirtschaftsunternehmen, Abhilfe für die akuten Nöte von Schüler*innen während der pandemiebedingten Schulschließungen. Mit dem „Blochinger Netz“ sorgten Ehrenamtliche im Umfeld eines Mehrgenerationenhauses mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten dafür, dass in Zeiten von Kontaktbeschränkungen niemand aufgrund fehlender Kenntnisse im digitalen Bereich durchs „Netz“ fallen muss. Lokale und landesweite Kleinprojektefonds sorgen mit unkomplizierter Förderung dafür, dass zivilgesellschaftliche Gruppen in der Krise handlungsfähig blieben. Und Dialogformate wie die Angebote des Vereins AllWeDo e.V. aus Freiburg bemühten sich darum, im Sinne des gesellschaftlichen Zusammenhalts wertschätzenden Austausch unterschiedlicher Meinungen auch in der Krise zu ermöglichen. Diese und viele weitere Beispiel untermauern die Argumentationsstränge des Berichts „Krisen gemeinsam gestalten“.

Insgesamt bündelt das Abschlusspapier die Ergebnisse des Corona-Forums Zivilgesellschaft in den vier Handlungsfeldern politische Einbeziehung, Strukturen zur Krisen-Vorsorge, Strukturen zur Krisen-Fürsorge und gesellschaftliche Meinungsbildung. Ziel ist es, dass die formulierten Hinweise Eingang finden in die Enquete-Kommission „Krisenfeste Gesellschaft“ des Landtags von Baden-Württemberg, die im Jahr 2022 ihre Arbeit aufnehmen wird. Zudem richtet sich das Papier an zivilgesellschaftliche Akteure selbst. Es soll sie in ihrer gesellschaftlichen Rolle stärken und sie dazu anregen, Projekte zur Krisen-Vorsorge vor Ort anzugehen.